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„Allah“

 

اشهد ان لا اله الا الله

„Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah“.

 

Ein einfacher und doch vielschichtiger Satz, der die Basis der Glaubensüberzeugungen aller monotheistischen Religionen bildet, wenn man unter „Allah“ den einen Gott versteht. Das islamische Glaubensbekenntnis, das mit diesen obigen Worten seinen Anfang findet, zieht sich als Kernannahme durch alle Bereiche des Seins und Tuns der Schöpfung, es bildet das Prinzip, nachdem alles lebt und strebt- sei es bewusst oder unbewusst.

Doch was genau bedeutet es, wenn arabische Muslime, Juden oder auch Christen von „Allah“ sprechen? Um diesen so zentralen Satz vollumfänglich begreifen und verinnerlichen zu können, stellt sich die Frage nach den Ursprüngen des Begriffes „Allah“.

Unser Professor- ein begabter und leidenschaftlicher Experte in etlichen akademischen Bereichen der Islamwissenschaften, vor allem aber in klassischer Philologie und Philosophie- thematisierte diese Frage gleich zu Beginn des Semesters im Fach „Glaubensgrundlagen“ und wir kamen zu interessanten Ergebnissen.

In der arabischen Philologie gibt es im Groben zwei unterschiedliche Meinungen hinsichtlich der Herleitung und Bedeutung des Begriffes „Allah“. Einige Philologen gehen davon aus, dass „Allah“ ein für sich stehendes Wort darstellt, das von keiner Wurzel abgeleitet ist und sich – ursprünglich als Fremdwort- mit der Zeit in den Sprachen der monotheistischen Religiösität etabliert hat. Einige sehen darin ein Symbol der göttlichen Einzigartigkeit, die zumindest im damals relevanten Kontext durch nichts abgeleitet, in nichts „Geschaffenem“ ihren Ursprung hat.

Andere Philologen vertreten im Gegensatz dazu die Meinung, dass der arabische Begriff durchaus auf eine Wortwurzel, genauer gesagt auf einen Verbstamm zurückgeführt werden kann. Dementsprechend kann dem Wort „Allah“ dann auch eine Bedeutung zugeordnet werden, die sich von der Bedeutung der Wortwurzel ableitet. Konkret wird angenommen, dass „Allah“ aus einer Kombination des bestimmten Artikels „Al“ mit dem Wort „ilāh“ (oder „wilāh“, „walāh“) hervorgegangen ist. Das erste Alif in „ilāh“ verschwindet dabei, die zwei Lam’s werden durch eine weitere Konsonantenverlängerung (Shadda) verstärkt und das darauffolgende Alif hochgesetzt.

Sollte diese zweite Meinung der Wahrheit entsprechen, so ergeben sich interessante kleine Details: Die Verwendung des bestimmten Artikels „Al“ impliziert in der arabischen Sprache, dass das, worüber gesprochen wird- in diesem Falle Gott- dem Sprecher bekannt ist und eine gewisse Nähe aufweist. Außerdem sehen einige in der Verwendung des bestimmten Artikels gleichzeitig die Betonung der Einheit Gottes als „Den Einen Gott“. Die hinzugefügte Shadda auf den doppelten Lam’s weist in der arabischen Sprache außerdem oftmals als Verstärkung und Betonung auf die Besonderheit und Ranghoheit des Genannten hin. Kleine, aber bereits sehr beeindruckende Details, die gut passen, wie ich finde. Die arabische Sprache ist eine übervolle Schatztruhe wenn es um das Schaffen von Bedeutung geht- wirklich wunderschön…

Kommen wir noch einmal zum Wort „ilāh“ bzw. „wilāh/walāh“. Beide Wortversionen weisen ein bestimmtes morphologisches Muster auf, das entsteht, wenn ein Verbstamm wie „a-l-h“ oder „w-l-h“ in die sogenannte „fi‘āl“-Struktur gebracht wird, welche den Verbstamm in eine Partizip-Passiv-Struktur bringt. Je nachdem, wie diese Verbstämme vokalisiert werden, ergeben sich unterschiedliche Verben und somit vielfältige Bedeutungen für das abgeleitete Wort „ilāh“/“wilāh“. Die relevantesten Bedeutungen der Verben, welche sich größtenteils durch die (alten) semantischen Sprachen durchziehen, sind:

  • jemandem dienen/sich niederwerfen
  • sich hilfesuchend an jemanden wenden
  • jemanden finden, der die eigene Not stillt und innere Ruhe verleiht
  • in etwas erstaunt sein
  • verdeckt sein
  • etwas wahrhaftig und stark lieben

Man könnte meinen, die Mehrdeutigkeit ist gewollt und zeigt die unterschiedlichen Facetten des Göttlichen auf- das habe ich mir gedacht, als ich die Bedeutungen sah. Allah der Erhabene ist also Jener, Dem ich diene, an Den ich mich hilfesuchend wende; Jener, der gefunden wird, meine Not stillt und mir innere Ruhe verleiht; Jener, über Den ich trotz der Tatsache, dass ich Ihn kenne und Er mir nahe ist, erstaunt bin, da Er gleichzeitig doch verdeckt, nicht ganz fassbar ist; Jener Geliebte, zu dem ich mich wahrhaftig hingezogen fühle. Eine wunderbare Zusammenfassung irgendwie. Ja, das alles ist auch für mich persönlich Allah der Erhabene. Er ist Der Gott, Er ist Eines, zeigt Sich gleichzeitig in so vielen Facetten, im Vielen. Er ist nah und bekannt, aber doch verdeckt und niemals ganz begreifbar durch uns begrenzte Wesen. Und doch dürfen wir an Seiner Gnade, an Seiner Realität und Nähe teilhaben, und doch dürfen wir diese bewundernswerte Paradoxie Seines Wesens und dadurch unsere Begrenztheit erkennen- ein weiteres wunderbares Zeichen.

Ob sich letztendlich „Allah“ auf diese Art und Weise und ableiten lässt oder nicht- ich werde wohl nie eine Expertin auf diesem Gebiet sein- sie füllt zumindest für mich persönlich den Begriff „Allah“ mit Leben und fasst erstaunlicherweise zentrale Aspekte der islamischen Glaubensgrundlagen zusammen. Und somit bezeuge ich: Es gibt keinen, der der Dienerschaft, Liebe, Suche und Bitte würdig ist außer Der (Eine), Den ich kenne, aber über Ihn erstaunt bin; Der, Der mir nah ist und doch verdeckt; Der, Dem ich diene, Den ich als Einzigen liebe und nach Dem ich suche; Der, bei dem ich um Hilfe bitte und Ruhe und Hilfe finde. Ob wir Jenen „Allah“, „Gott“ oder „Hū“ nennen: Möge es ein beständiges, sicheres Bezeugen voll tiefen Wissens und verinnerlichter Liebe sein. Amin.

 

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